Wie sich Studierende in München fortbewegen
Wie kommen die Studenten/-innen in München von A nach B und wie verändert sich die Art der Fortbewegung? Eine Studie des Studierendenwerks München Oberbayern zur Mobilität gibt darüber jetzt Aufschluss und weist den Weg in Richtung Nachhaltigkeit.
In der Stadt München wird schon länger über alternative Verkehrskonzepte nachgedacht. Seit dem Erstarken des Themas Klimawandel ist das Wort „Verkehrswende“ jedoch in aller Munde. Für eine langfristige Verkehrsplanung ist es wichtig zu wissen, wie sich welche soziale Gruppe fortbewegt und was das in Zukunft für die Fortbewegung bedeutet. Bei der Betrachtung der Mobilität von Studierenden ist das Studierendenwerk München Oberbayern jetzt einen Schritt weiter.
Ein oft außer Acht gelassener Aspekt der Verkehrsinfrastruktur ist die Stellplatzsatzung. Denn diese schreibt die Anzahl der bereitzustellenden Parkplätze pro Wohnplatz vor, was teilweise einer Nachverdichtung im Sinne der Studentenschaft, zum Beispiel in der Studentenstadt, erschwert. Um eine zusätzliche Planungsgrundlage zu haben, führte das Studierendenwerk München Oberbayern zusammen mit der Stadt München und dem Statistikdienstleister Netques eine Mobilitätsbefragung bei Studierenden in der Studentenstadt Freimann durch – mit sehr interessanten Ergebnissen.
Zur Uni mit dem öffentlichen Nahverkehr
Die Studierenden in München sind ganz auf der Höhe der Zeit, denn der Großteil nutzt den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Mehr als 90 Prozent fahren mit den Angeboten der Münchner Verkehrsgesellschaften zur Uni und zurück. Davon verfügen ein Viertel über das Semesterticket, fast drei Viertel der Studentenschaft stockt darüber hinaus sogar auf das MVV-Ticket für das Gesamtnetz auf. Zwischen Sommersemester und Wintersemester gibt es fast keinen Unterschied. Im Winter fahren erwartungsgemäß etwas mehr Student/-innen mit S-, U-Bahn, Tram und Bus. Aber auch im Sommer ist das Angebot der MVG sehr beliebt. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in München kommt hier also der favorisierten Fortbewegungsart der Lernenden sehr entgegen.
Radweg frei!
Knapp die Hälfte der befragten Studenten/-innen nutzt ein eigenes Fahrrad. Bei einer durchschnittlichen Anreisezeit zur Uni zwischen 20 und 30 Minuten ein erfreuliches Ergebnis, stellt doch das Rad die ökologischste Variante der Fortbewegung dar. Aber internationale Studenten/-innen ziehen eine Nutzung des Fahrrades in München eher nicht in Betracht. Sogar erfahrene Radfahrer wie der Münchner Student und Studentenstadt-Bewohner Ole Becher können das nachvollziehen: „Auf den engen Radwegen in München wundert mich das nicht. Da braucht man schon Mut zum Abenteuer.“ Aber mit dem Beschluss der Forderungen der beiden Bürgerbegehren zum Altstadt-Radlring und zum Radentscheid im Juli 2019 hat die Landeshauptstadt München einen großer Schritt getan, um das Fahrrad als Fortbewegungsmittel noch attraktiver zu machen. Besonders der Altstadt-Radlring wie auch ein besseres Verkehrsleitsystem wird dazu beitragen, das Rad auch für Studierende aus dem Ausland attraktiver zu gestalten (siehe unten). Zudem wissen viele internationale Studenten/-innen nicht, wo sie günstig ein Fahrrad erwerben können.
Das Auto bleibt stehen
Über ein Auto verfügen nur ca. 15 Prozent der von uns befragten Studenten/-innen. Und das nutzen sie vorwiegend für Heimfahrten oder längere Strecken. Lediglich zwei Prozent der Befragten nennen den PKW als ihr bevorzugtes Fortbewegungsmittel. Interessant ist, dass von den Autofahrern die Hälfte dazu bereit wären, für einen Stellplatz an ihrem Studentenwohnheim extra zu zahlen, wobei es in der Studentenstadt ausreichend Parkplätze gibt.
Mietangebote sind keine Option
Entgegen den Annahmen spielen Mietangebote wie E-Roller, E-Scooter oder Car-Sharing-Angebote bei den Studierenden eine weitestgehend untergeordnete Rolle. Auch die große Auswahl verschiedenster Angebote bewegt Studenten/-innen nicht, sie lassen die Gefährte dort stehen, wo sie sind.
Mobilität der Zukunft
Die bevorzugte Fortbewegungsmethode der Studierenden in München spiegelt interessanterweise die gesamtgesellschaftliche Verteilung des Verkehrs wider. Denn fast die Hälfte der einkommensschwachen Haushalte besitzt kein Auto, wogegen bei den einkommensstarken Gesellschaftsschichten über 90 Prozent mit dem Automobil unterwegs sind (Studie Nobis/Kunimhof 2019). Dass ein Umdenken hin zu einer nachhaltigeren Art der Mobilität wichtig ist, zeigt auch die Entwicklung der Emissionen seit 1990. Während bis 2017 beispielsweise in der Energie- und Wärmeerzeugung, in den Haus-halten und der Industrie der Ausstoß an CO2deutlich rückläufig war, stieg er im Straßenverkehr unvermindert an (Mobilitätsatlas 2019).
Sehr erfreulich ist daher das wachsende Bewusstsein bezüglich der ökologischen Folgen fossiler Automobilität. In einer Studie des Bundesumweltministeriums von 2018 sprachen sich 50 Prozent der Befragten dafür aus, dass Umwelt und Klima durch den Verkehr möglichst wenig belastet werden. Schon 2015 betrachteten zudem 80 Prozent der Befragten den Ausbau nachhaltiger Fortbewegung als sehr wichtig für mehr städtische Lebensqualität. Das deckt sich mit der Umfrage des Studierendenwerks München Oberbayern, denn auch 80 Prozent der Student/-innen gaben darin an, dass der Umweltschutz bei ihrer Wahl des Verkehrsmittels das wichtigste Kriterium ist. Ein verkehrspolitisches Umdenken wäre also nicht nur für Studierende ein großer Vorteil. München befindet sich mit dem Radentscheid aber auf einem guten Weg, sich dem Vorbild Kopenhagen anzunähern. Dort legen die Bewohner/-innen mittlerweile über 50 Prozent des gesamten städtischen Verkehrs mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück.
Künftige Entwicklungen in München
Was ist eigentlich der oft zitierte „Radentscheid“ und welche Neuerungen bringt er für die Fahrradfahrer/-innen? Genau vor einem Jahr erhielt Oberbürgermeister Dieter Reiter eine Liste an Unterschriften für das Bürgerbegehren zum sogenannten Radentscheid München – stolze 160.000 Bürger/-innen sprachen sich darin dafür aus, dass die Fahrradinfrastruktur weiter verbessert wird. Einige Wochen später beschloss der Stadtrat, den Forderungen umfassend nachzukommen und auch die neu gewählte Stadtregierung hat sich dem Radentscheid in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet. Damit ist die Zukunft des Radfahrens beschlossene Sache.
Das bedeutet: mehr und farblich markierte Radwege mit vorgezogenen Aufstellflächen, baulich abgesetzte Radwege, ein verbesserte Beschilderung für Fahrradfahrer und natürlich der Radring, der durch die gesamte Altstadt geht. Zudem werden sichere Abstellplätze für Fahrräder im gesamten Stadtgebiet weiter ausgebaut. Somit wird das Fahrradfahren für Münchnerinnen und Münchner künftig noch sicherer und attraktiver werden. Eventuell auch für Studierende noch ein Grund mehr, sich aufs Radl zu schwingen.
Gute Fahrt und passen Sie auf sich auf!